Vom Umgang mit dem Inneren Kind – Teil II – Aufmerksamkeit

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Unser Inneres Kind braucht liebevolle Aufmerksamkeit, Schutz, tröstende Zuwendung und Zuversicht.

Diese vier Aspekte sind wie Sonne, Erde, Wasser und frische Luft für unser kleines Seelenpflänzchen.

Liebevolle Aufmerksamkeit ist wie eine heilsame wärmende Sonne.

Unsere Eltern waren vielleicht nicht sehr aufmerksam mit uns. Vielleicht war die Aufmerksamkeit unserer Eltern für uns nicht liebevoll oder achtsam genug oder es war grundlegend schwierig, sich einander anzunähern. Vielleicht waren unsere Eltern interessiert, aber nicht an uns, sondern an dem, was wir leisten, dass wir ihren Erwartungen nachkommen und ihre Bedürfnisse erfüllen. Ihre Anteilnahme war vielleicht sorgenvoll oder fordernd. Vielleicht war ihre Aufmerksamkeit auch überfürsorglich und kontrollierend. Oder auch kalt, gereizt und zornig …

Wenn wir geboren werden, dann nehmen wir alles, was uns entgegen gebracht wird, liebend hin. Wir sind in den ersten Jahren unserer Familie, mit einer großen andauernden liebenden seelischen Umarmung, zugewandt. Je nachdem wie unerträglich die Umstände waren, muss unsere Seele diese Umarmung irgendwann aufgeben. Sie kann es nicht mehr halten oder aushalten. Dann beginnen wir, Teile von uns zu verdrängen. Kleine und große Traumata, Verletzungen, Kränkungen, Trauer und Schmerz halten wir im Erwachsenenalter schützend oder bewachend in unserer Inneren Kind Ebene vor uns selbst und anderen verborgen.

Liebevolle Aufmerksamkeit kann sehr heilsam und harmonisierend für unsere Innere-Kind-Ebene sein, wenn sie folgendes vermittelt:

  • du wirst geliebt und jemand ist für dich da

  • du darfst in liebendem Kontakt sein

  • du wirst beschützt/darfst abgegrenzt sein

  • du bist es wert, gesehen und geliebt zu sein

  • du bist richtig, egal wie du dich fühlst

  • du darfst da sein und Liebe empfangen

  • es ist schön, dass es sie gibt

Indem wir unser Inneres Kind aus der Erwachsenenebene heraus ansprechen, können wir zu dieser Ebene in uns einen Kontakt herstellen. Probieren Sie dafür einfach mal die folgenden Sätze aus:

  • Ich bin jetzt da für dich, mein liebes kleines Kind.

  • Es tut mir leid, dass ich mich so lange nicht um dich gekümmert habe.

  • Ich liebe dich. Weiß nur noch nicht so richtig, wie ich dir das zeigen kann. Aber ich werde es lernen.

  • Kannst du mich hören? Ich will so gern für dich da sein.

  • Du sollst nicht mehr so allein sein. Jetzt bin ich da für dich. Und nicht nur heute.

  • Ich weiß, du kleine(r), wie allein du dich fühlst. Ich bin jetzt da für dich.

  • Na, mein(e) Kleiner(e), wie geht es dir heute. Ich spüre dich. Es ist so schön, dich fühlen zu können. Am liebsten würde ich dich in den Arm nehmen.

  • Ab heute möchte ich jeden Tag nach dir schauen, weil ich dich liebe und du mir wichtig bist.

  • Du Kleines da in mir. Ich möchte dich beschützen und deshalb werde ich lernen, mich besser abzugrenzen. Nur für dich. Ich werde mich schützend vor dich stellen. Und bis mir das so richtig gut gelingt, werde ich dich trösten, wenn du dich verletzt fühlst und dich somit beschützen.

  • In meiner Unsicherheit weiß ich oft nicht, wie ich mit dir umgehen soll und dann bin ich so streng und hart mit dir. Bitte verzeih mir. Es tut mir unendlich leid. Ich werde für dich sanfter werden, weil ich dich nicht noch mehr verletzen und traurig machen will.

  • Du bist so traurig. Ich liebe dich. Verzeih, dass ich dich allein gelassen habe.

  • Heute werde ich nur für dich ins Grüne, in die Natur gehen, weil ich weiß, wie sehr du das liebst.

  • Ich weiß, dass du immer viel zu viel fühlen musst, weil die Gefühle der Anderen so viel stärker sind, als unsere eigenen. Es tut mir leid, dass ich mich deshalb so sehr von dir abgeschnitten habe, anstatt dich davor zu beschützen. Im intensiven Kontakt zu mir, wird das überflutet sein nachlassen. Ich will jetzt immer für dich da sein. Ich fühle dich. Wenn du den anderen nah sein möchtest, dann darfst du dich nicht mit ihren unverarbeiteten Gefühlen verbinden. Das belastet uns zu sehr.

  • Ich spüre so sehr dein verletzt sein. Bin so hilflos und wütend. Kann dich gar nicht richtig beschützen. Es tut mir so leid. Glaub mir, ich liebe dich und werde mich so oft es geht dir zuwenden.

Sie können sich natürlich auch ganz eigene Sätze ausdenken und nachspüren, was Sie berührt und anspricht. Achten Sie nur darauf, dass Sie liebevoll und sanft mit sich sind. Wenn sich etwas in Ihnen regt, bleiben Sie ganz aufmerksam bei sich. Warten Sie ruhig einen Moment die Reaktion aus Ihrem Inneren ab. Nehmen Sie wahr, auf welche Sätze Sie innerlich reagieren. Lassen Sie es geschehen. Atmen Sie tief durch. Bleiben Sie wach und aufmerksam bei sich, egal was sich zeigt. Oft lösen sich sofort Emotionen aus ihrem Körper und steigen in Ihnen auf. Das ist heilsam. Unternehmen Sie nichts dagegen. Bleiben Sie wach und aufmerksam bei sich.

Spüren Sie Gefühle, die sich groß und übermächtig anfühlen, dann lassen Sie diese nicht weiter zu, denn es kann sein, dass es nicht ihre eigenen sind. Lesen Sie dazu den Artikel „Systemische Belastungen“.

Manchmal, wenn Sie sehr erfolgreich verdrängt haben oder so viel Aufmerksamkeit einfach nicht kennen, dann kann es sein, dass Sie für diesen Kontakt etwas mehr Geduld und Zeit brauchen. Liebe zu empfangen, muss dann einfach etwas geübt werden. Lassen Sie sich Zeit und widmen Sie sich immer mal wieder liebevoll sich selbst.

Eine andere Form der Aufmerksamkeit können Sie auch mal ausprobieren. Konzentrieren Sie sich ganz neutral und wach auf Ihren Körper. Spüren Sie ein Unwohlsein oder Schmerz, dann versenken Sie sich mit großer Wachsamkeit in dieses Körpergefühl hinein. Sie können sich vorher entspannt hinsetzen, in den Raum blicken und ein paar Mal sagen: Ich bin wach. Ich bin da. Dann schließen Sie die Augen, wenn sie mögen und lenken Ihre wache neutrale Aufmerksamkeit nach Innen. Egal, was Sie wahrnehmen, bleiben Sie wach bei sich. Wenn sich Ihnen Gedanken aufdrängen, dann geben Sie ihnen keine große Aufmerksamkeit. Unsere Gedanken werden nur stark und groß, wenn wir ihnen Aufmerksamkeit schenken – so wie unser Inneres Kind.

Im dritten Teil wird es um den Schutz unserer Inneren-Kind-Ebene gehen.